Der schönste Sieg seiner Karriere?

Nibali hat ein großes Kapitel im Giro-Geschichtsbuch sicher

Foto zu dem Text "Nibali hat ein großes Kapitel im Giro-Geschichtsbuch sicher"
Vincenzo Nibali (Astana) mit der Giro-Trophäe | Foto: Cor Vos

30.05.2016  |  (rsn) – Mit einem unglaublichen Comeback hat sich Vincenzo Nibali doch noch den Gesamtsieg und ein großes Kapitel im Geschichtsbuch des Giro d'Italia gesichert. Um die Bedeutung der Ereignisse des vergangenen Wochenendes zu unterstreichen, blickte die Gazzetta dello Sport weit in die Historie zurück und nannte als vergleichbares Beispiel das Jahr 1953, als der damalige Spitzenreiter Hugo Koblet stürzte und sich Fausto Coppi mit einer Attacke am Stelvio ins Rosa Trikot fuhr.

Als weitere Referenzen führte die vom Giro-Organisator RCS herausgegebene Mailänder Sportzeitung den Giro 1959 auf, als Charly Gaul am kleinen Sankt Bernadino den Franzosen Jacques Anquetil aus dem Maglia Rosa fuhr; und schließlich die vorletzte Etappe des Giro 1996, als Abraham Olano am Mortirolo einbrach und sich Pavel Tonkov den Gesamtsieg holte.

Nibali gelang auf den letzten beiden Alpenetappen das Kunststück, sich bei einem Rückstand von 4:43 Minuten auf das Rosa Trikot vom vierten auf den ersten Platz vorzuarbeiten. "Ob das mein größter Sieg ist? Ich weiß es nicht“, erklärte der Sizilianer auf der Pressekonferenz am Sonntag in Turin. Zumindest war es der nach dem Rennverlauf überraschendste seiner nun vier Gesamtsiege bei den großen Rundfahrten.

Die Vuelta a Espana 2010 gewann Nibali mit gut drei Minuten Vorsprung auf Peter Velits, bei seinem ersten Giro-Triumph im Jahr 2013 trug er seit der 8. Etappe das Rosa Trikot und lag am Ende 4:43 Minuten vor Rigoberto Uran. Bei der Tour de France 2014 war Nibali sogar nur zwei Tage lang nicht im Besitz des Gelben Trikots, feierte nicht weniger als vier Etappensiege und entschied die Gesamtwertung schließlich fast acht Minuten vor Jean-Christophe Péraud für sich.

Beim 99. Giro d’Italia jedoch schien der 31-Jährige unter den gewaltigen Erwartungen seiner Landsleute zu zerbrechen. Nibali sprach in Turin von der Last der Favoritenrolle, gestand aber auch eigene Fehleinschätzungen ein: "Vielleicht dachte ich, dass ich das Rennen genauso wie 2013 dominieren würde. Ich erwarte immer ziemlich viel von mir und das hat dazu geführt, dass ich Fehler machte. Ich war nicht so fokussiert, wie ich es hätte sein sollen“, sagte er und nannte als Tiefpunkt das Bergzeitfahren der 15. Etappe zur Seiser Alm, als er aufgrund eines Defekts einen großen Rückstand kassiert und scheinbar schon aussichtslos zurückfiel.

Zudem habe er "in den Dolomiten etwas mit Magenproblemen zu kämpfen“, gehabt, wie er nun anmerkte und „den Ruhetag dann zum Erholen genutzt.“ Trotz aller Rückschläge habe er allerdings niemals ans Aufgeben gedacht. "Das haben einige Zeitungen geschrieben, aber das kam nicht von mir“, erklärte der Astana-Kapitän. Zusätzliche Motivation habe er auch von der nicht nachlassenden Unterstützung der Fans bezogen, so Nibali: "Mir hat unterwegs der Zuspruch des Publikums gut getan, gerade an den Tagen, die schwer für mich waren. Ich habe gemerkt, dass die Fans auch an solchen Tagen hinter mir stehen. Das hat Mut gemacht.“

Obwohl er im Kampf um das Rosa Trikot niemals aufsteckte – wäre der bis dahin so souverän auftretenden Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) auf der 19. Etappe in der Abfahrt vom Colle Dell’Agnello nicht gestürzt, wäre es wohl nichts geworden mit dem zweiten Giro-Triumph. Allerdings habe er aber bereits im Anstieg etwas gesehen, "was die wenigsten gesehen haben. Auf dem Colle Dell'Agnello zeigte auch er einige Schwächen“, behauptete Nibali, der dann in der Abfahrt eine ebenso gewagte wie geplante Attacke ritt und so den Niederländer dazu zwang, ein hohes Risiko zu gehen – ein zu hohes, wie sich herausstellen sollte.

"Für mich gehört jedes Terrain zum Rennen, auch die Abfahrt. Wenn ich in der Abfahrt nicht Druck ausgeübt hätte, wäre wahrscheinlich nichts passiert“, sagte Nibali, für viele der beste Abfahrer im Peloton. "Vielleicht hätte Chaves auf dem Berg noch angegriffen, vielleicht wären wir aber auch zusammen angekommen.“ So aber nahmen die Dinge ihren Lauf, Nibali sicherte sich den Etappensieg und ging am Samstag nochmals um die Offensive, um Esteban Chaves (Orica-GreenEdge) das erst Tags zuvor eroberte Rosa Trikot noch abzuknöpfen.

Nach dem Giro steht jetzt erst einmal Erholung an, ehe sich Nibali auf das Straßenrennen der Olympischen Spiele vorbereiten will, sein zweites großes Saisonziel Dazwischen liegt noch die Tour de France in der Astana aber wohl auf Fabio Aru als Kapitän und auf Nibali als Edelhelfer setzen wird.

Auch wenn immer wieder vom bereits feststehenden Abschied des "Hais von Messina“ vom kasachischen Rennstall berichtet wird, hielt sich Nibali selber auf der Pressekonferenz mit Aussagen dazu zurück. "Zu meiner Zukunft kann ich noch nichts sagen. Die Regeln der UCI geben klar vor, wann man das darf. Momentan kümmert sich eine Agentur für mich darum. Sie arbeiten hart daran.“

Ob als Ergebnis der "harten Arbeit“ ein Wechsel zum neuen Radsport-Projekt des Prinzen von Bahrain stehen wird, könnte bei der Tour de France bekannt gegeben werden.

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.06.2016Der 99. Giro d´Italia von A bis Z

(rsn) - Der 99. Giro d´Italia endete in einem spannenden Finale mit dem zweiten Erfolg von Vincenzo Nibali (Astana) nach 2013. Das ist fast allen bekannt. Doch es gibt auch viele wichtige und unwicht

30.05.2016Majka: Es fehlte der gewisse "Boom"

(rsn) – Zum angestrebten Podiumsplatz hat es für Rafał Majka bei der 99. Italien-Rundfahrt letztendlich nicht gereicht. Der Pole kann zwar mit seiner Leistung in den letzten drei Wochen und au

30.05.2016Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - Zum Auftakt des 99. Giro d´Italia in Apeldoorn waren am Freitag 198 Fahrer mit von der Partie. Längst nicht alle haben am 29. Mai das Ziel in Turin erreicht. Sturzverletzungen, Erkrankungen,

30.05.2016Kluge geht in Turin leer aus, freut sich aber für Arndt

(rsn) – Nach seinem Coup von Cassano d‘Adda ging Roger Kluge auf der letzten Giro-Etappe zwar leer aus. Dafür konnte sich der IAM-Profi, der nach 163 Kilometern von Cuneo nach Turin Rang 42 beleg

29.05.2016Vegni: "Nibali hat uns ein großartiges Finale beschert"

(rsn) – Nach dem Ende des 99. Giro d’Italia stand Renndirektor Mauro Vegni radsport-news.com zu einem Interview zur Verfügung. Dabei sprach der Italiener über die Siegesserie der deutschen Sprin

29.05.2016Arndt zeigt Mitgefühl für "Verlierer" Nizzolo

(rsn) - Plötzlich Etappensieger beim Giro d’Italia, ohne als Erster über den Zielstrich gefahren zu sein - ein ungewohntes wie seltsames Gefühl für Nikias Arndt (Giant-Alpecin). Entsprechend ver

29.05.2016Nibali erinnert die Italiener an den großen Coppi

Turin (dpa) - Die italienischen Radsport-Fans fühlten sich an den großen Fausto Coppi erinnert. Mit unbändigem Willen riss Vincenzo Nibali - wie der Campione im Jahr 1953 - mit einem sagenha

29.05.2016Jungels mit gezieltem Bergtraining zum Höhenflug

(rsn) – Zum Abschluss des 99. Giro d`Italia musste sich Matteo Trentin (Etixx-Quick-Step) in Turin hinter Nikias Arndt (Giant-Alpecin) zwar mit Rang zwei zufrieden geben. Der Italiener konnte sich z

29.05.2016Highlight-Video der 21. Giro-Etappe

(rsn) – Für Vincenzo Nibali (Astana) entwickelte sich die 21. und letzte Etappe des 99. Giro d’Italia zum Schaulaufen. Während der Italiener am Sonntag sein Rosa Trikot sicher ins Ziel brachte,

29.05.2016Arndt gewinnt die Schlussetappe am Grünen Tisch

(rsn) - In Turin wurde am Sonntag der Schlusspunkt des 99. Giro d’Italia gesetzt. Drei Wochen nach dem Start im niederländischen Apeldoorn war die norditalienische Metropole Schauplatz der letzten

29.05.2016Nibali feiert Gesamtsieg, Arndt gewinnt Finale in Turin

(rsn) – Vincenzo Nibali (Astana) hat zum zweiten Mal nach 2013 den Giro d’Italia gewonnen. Die abschließende 21. Etappe, die am Sonntag über 163 Kilometer von Cuneo nach Turin führte, entwickel

29.05.2016Pinerolo-Epos, Bergsprints und Grande Finale in Turin

(rsn) - Der Giro d´Italia ist von jeher nicht dafür bekannt, eine Sprinter-Rundfahrt zu sein - und auch in diesem Jahr finden sich nicht mehr als sechs Etappen im Programm, auf denen sich die Männe

Weitere Radsportnachrichten

23.05.2024Groves: “Bittersüß, weil wir einen guten Job gemacht haben“

(rsn) - Die 18. Etappe war die vorletzte Chance für die Sprinter auf einen Tagessieg beim 107. Giro d´Italia und im Finale in Padua setzten sich die schnellen Männer stark in Szene. Der Sieg ging i

23.05.2024Merlier schlägt Milan in Padua im Fotofinish

(rsn) – Die 3. Etappe war seine – und auch die drittletzte wurde es: Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) hat den Massensprint am Ende des 18. Teilstücks des Giro d’Italia in Padua gewonnen. Wen

23.05.2024Mohoric: Im Regenbogentrikot Debüt beim Unbound Gravel 200

(rsn) – Matej Mohoric wird am Samstag den Unbound Gravel 200 bestreiten. Der Gravel-Weltmeister hatte bereits angedeutet, an dem prestigeträchtigen Wettbewerb im US-Bundesstaat Kansas teilzunehmen.

23.05.2024Bläst Pogacar am Monte Grappa zur finalen Giro-Attacke?

(rsn) – Zwar ließ Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) auf der 17. Giro-Etappe Ausreißer Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) den Vortritt. Doch von Zurückhaltung, wie sie der Slowene am zw

23.05.2024Parcours und Zeitplan: Alle Details zur Straßen-DM 2024

(rsn) – Die Deutschen Straßen-Meisterschaften 2024 finden vom 21. bis 23. Juni 2024 wie im Vorjahr erneut zwischen Donaueschingen, wo alle Elite-Rennen starten, und Bad Dürrheim, wo sie alle enden

23.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 18. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

23.05.2024Probleme mit der Atmung: O´Connor nur Zwölfter am Passo Brocon

(rsn) – Ben O’Connor (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat im Kampf um das Giro-Podium am Passo Brocon einen Rückschlag hinnehmen müssen. Der Australier erreichte das Ziel der 17. Etappe über 15

23.05.2024In Burgos gestürzte Balsamo erfolgreich operiert

(rsn) – Die im Finale der 1. Etappe der Vuelta a Burgos Feminas (1.WWT) schwer gestürzte Elisa Balsamo ist erfolgreich operiert worden, wie ihr Team Lidl – Trek in einer Pressemitteilung erklärt

23.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die

23.05.2024Arensman opfert für Thomas´ Podestplatz Ambitionen auf Weiß

(rsn) – Das Team Ineos Grenadiers hat beim Giro d´Italia am zweiten Tag in Folge sowohl Positives erreicht, als auch einen Zeitverlust einstecken müssen. Auf der 17. Etappe vom Val Gardena zum Pas

22.05.2024Am Tag nach den Dolomiten Sprinter gegen Ausreißer

(rsn / ProCycling) – Nach drei schweren Bergetappen wird den Klassementfahrern des 107. Giro d´Italia ein entspannterer Renntag gewährt. Die 18. Etappe nach Padua hat gerade mal 550 Höhenmeter mi

22.05.2024Vom Sohn und Neffen zum Sieger einer Giro-Etappe

(rsn) – Nach zwei Jahren in der U23 wechselte Georg Steinhauser am 1. Januar 2022 vom österreichischen Kontinental Team Tirol KTM in die WorldTour zu EF Education – EasyPost. Bekannt war er vor a

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Boucles de la Mayenne - (2.Pro, FRA)
  • Tour of Norway (2.Pro, NOR)